Am 20.2. gegen 15 Uhr begann der Schlepper „Wolf“ (IMO-Nr.: 9036260), den Containerfrachter „Akacia“ aus dem Tor der Holtenaue Schleuse zu ziehen. Experten der Reederei Peter Döhle und der Brunsbütteler Firma Schramm hatten den Frachter zuvor durch das Abpumpen von Ballastwasser geleichtert. Eine halbe Stunde mühte sich die „Wolf“ dann am Heck, bis der Havarist auch vorne in Bewegung geriet und aus den verkeilten Stahltrümmern des Schleusentores herausgezerrt werden konnte.
Verbogene Stahlteile des 1.000-Tonnen-Tors krachten bei dem Befreiungsmanöver ins Wasser, abgerissene Reibhölzer stürzten in Gischtfontänen vom Wulstbug in die Schleusenkammer hinein, dann setzte sich der Havarist in Bewegung, wurde ein Stück achteraus gezogen und dann an der Schleusenmauer wieder festgemacht und von der von der Berufsgenossenschaft Verkehr mit einem Auslaufverbot belegt, bis die versicherungstechnischen Fragen geklärt waren. Außerdem konnte er nur bei einem identischen Wasserstand zwischen der Kieler Förde und dem Kanal in diesen zurückgezogen werden, da das zerstörte Schleusentor seeseitig nicht mehr abzudichten war, um den notwendigen Pegel in der Kammer herstellen zu können.
Im demolierten Schleusentor klaffte ein Loch von der Größe eines Einfamilienhauses, durch das Wasser derzeit von der Förde unkontrolliert in die Schleusenkammer laufen konnte. Am Vormittag des 21.2. trat die erhoffte Pegelgleiche ein. Gegen 11.30 Uhr zog die „Wolf“ gemeinsam mit dem Schlepper „Holtenau“ der SFK den Havaristen übers Heck aus der Schleusenkammer wieder heraus und bugsierte ihn an den Voith-Kai im Kieler Nordhafen.
Der Schiffsverkehr am Nord-Ostsee-Kanal war weiterhin behindert. Die Verzögerung für Schiffe, die Schleuse in Kiel-Holtenau zu passieren, betrug am Vormittag etwa drei Stunden. Unterdessen begannen auch die ersten Aufräumarbeiten in Holtenau. Zunächst sollten Taucher das schwer beschädigte Schleusentor untersuchen, wobei es vorrangig auch die 16 Tanks des Tores zu überprüfen galt.
Nur wenn diese weitgehend intakt geblieben sind, würden die Mitarbeiter des Wasser- und Schifffahrtsamts das Tor noch zum Aufschwimmen bringen können. Für den Ausbau muss Druckluft in die Tanks des über 100 Jahre alten Tors geblasen werden, die dann den Auftrieb erzeugt. Das Verfahren hatten Ingenieure beim Bau der neuen Schleusen 1912 bis 1914 entwickelt.
Wichtig war, dass möglichst viele Tanks und Druckluftleitungen unbeschädigt geblieben sind. Danach musste die Statik der Konstruktion berechnet werden. Wenn die Tanks und Druckluftleitungen beschädigt wurden, müssen sie erst abgedichtet werden.
Dies könnte Wochen oder gar Monate dauern. Sind die Tanks jedoch unversehrt geblieben könnte das Tor ausgeschwommen und bereits zum Wochenende eines der beiden im Binnenhafen in Holtenau in Bereitschaft liegenden Reservetore innerhalb weniger Tage eingebaut werden.
Bei der Suche nach der Ursache für die Kollision fokussierten sich die Ermittlungen von Polizei und Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung auf die Steuerung der MaK-Hauptmaschine und des Verstellpropellers. Erste Ermittlungen der Wasserschutzpolizei hatten ergeben, dass der Frachter auf Höhe der Holtenauer Hochbrücke beim Ansteuern der Schleuse plötzlich statt zu stoppen sehr stark beschleunigte und dabei auch die für den Kanal erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschritt. Die Befragungen der Besatzung und des Losten erhärteten den Verdacht, dass der Verstellpropeller Auslöser der Havarie gewesen war.
So sollen die verstellbaren Flügel des Propellers möglicherweise durch einen Schaden in der Steuerung auf die Stellung „Voll voraus“ gegangen sein, während die Einstellung der Bedienelemente auf der Kommandobrücke auf Stopp stand. Als der Kapitän und der Lotse den Fehler bemerkten, stoppten sie sofort die Maschine und ließen die beiden Anker fallen.
So konnte immerhin noch etwas Fahrt aus dem Schiff genommen werden.
Die Hamburger Reederei der „Akacia“ prüfte jetzt verschiedene Möglichkeiten zum weiteren Vorgehen. Dazu gehört auch die Umladung der Container in ein anderes Schiff. Nach dem Verholen in den Nordhafen soll entschieden werden, was mit der Ladung passiert. Das Schiff war zum Unglückszeitpunkt im Auftrag der dänischen Maersk Line mit Containern aus Bremerhaven auf der Reise nach St. Petersburg.